Was ist das Ziel des Projektes? Welche Aufgabe haben Sie im Projekt?
Ziel des Programms „Gemeinsam für Qualität: Kinder beteiligen im Ganztag“ ist es Schulen dazu anzuregen, sich bestehende Strukturen anzuschauen und diese stärker auf die Bedürfnisse von Kindern auszurichten. Dafür erarbeiten Dr. Elisabeth Plate und ich ein Konzept, das wir Trainerinnen und Trainern an die Hand geben. Diese bilden Fachkräfte an bundesweit 150 Grundschulen zum Thema „Demokratische und Inklusive Organisationsentwicklung“ weiter. Es geht da um Fragen wie: Wie und wann möchten Kinder lernen? Wie sieht aus ihrer Perspektive ein optimales Lernumfeld aus? Ziel ist, die Wünsche, Ideen und Bedarfe von Kindern für die Unterrichtsentwicklung zu nutzen. Demokratiebildung und Beteiligung sind wesentliche Bausteine inklusiver Schulen. Diese sollen Bildungsorte für alle Kinder werden, ganz unabhängig von ihren Voraussetzungen.
Wer ist für die Organisationentwicklung an der Grundschule zuständig?
Die Trainerinnen und Trainer bilden an den Schulen jeweils ein Tandem für die Organisationentwicklung aus. Dieses Zweierteam besteht aus einer Lehrkraft, die für den formalen Unterricht zuständig ist, und einer Erzieherin oder einem Erzieher, die oder der für außerschulische Angebote zuständig ist. Nicht die Schulleitung, sondern das Tandem ist für die Projektleitung zuständig. Es trägt die Verantwortung, in der Schule demokratische Strukturen aufzubauen. Es richtet zum Beispiel Steuerungsrunden ein, etabliert themenspezifische Arbeitsgruppen oder wertet Projekte aus. Außerdem wird über das Projekt eine koordinierende Person finanziert. Sie begleitet und steuert dieses an den Schulen.
Wie gelingen qualitative Angebote an Ganztagsschulen? Welche Rolle spielt dabei die Beteiligung von Kindern?
Damit Angebote wirklich gut werden, müssen unterschiedliche Zielgruppen beteiligt werden. Das sind in erster Linie die Kinder selbst, aber auch Eltern, Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher. Erwachsene müssen sich fragen, ob sie bereit sind, Kinder an Entscheidungen zu beteiligen, die die Organisation betreffen. Ein Beispiel: Kinder sollten darüber mitentscheiden dürfen, welche Lehrkraft an einer Schule eingestellt wird. Häufig wird Kindern jedoch nicht zugetraut, solche wichtigen Entscheidungen zu treffen. Dabei sollten wir uns eher die Frage stellen, warum wir Kinder nicht dazu befähigen. Wir möchten mit dem Projekt Demokratie an den Grundschulen herstellen. Das erreichen wir nur, indem wir Kindern möglichst viel Mitbestimmung ermöglichen.
Zudem erleben wir durch die Ganztagsschulen einen kleinen Kulturwandel: der formale Unterricht ist flexibler gestaltet und wird durch außerschulische Angebote ergänzt, den sogenannten non-formalen Unterricht. Die Angebote für Kinder müssen aus einem Guss kommen: Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher müssen unter Beteiligung von Kindern gemeinsam Angebote konzipieren. Angebote am Vor- und Nachmittag müssen aufeinander abgestimmt werden, statt getrennt voneinander laufen. Qualitative hochwertige Angebote an Ganztagsschulen benötigen eine gute Organisation!
Vor welchen Herausforderungen stehen Ganztagsschulen bei der Umsetzung von partizipativen Angeboten?
Einige Schulen sind überlastet, vor allem durch den Fachkräftemangel. Ihnen fehlen die Kapazitäten, um neben dem Schulalltag noch an der Organisationsentwicklung zu arbeiten. Zusätzlich sind die Themen Projekt- und Organisationsentwicklung häufig nicht Teil der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Deshalb gibt es wenig Fachwissen dazu an Schulen. Lehrerinnen und Lehrer bringen nach ihrer Ausbildung viele innovative Lehrmethoden mit, die sie nachher an den Schulen aber oft nicht einbringen können. Grund dafür sind unter anderem die Lehrpläne und die Rahmenbedingungen. Wir müssen das Innovationspotenzial an Schulen viel mehr nutzen. Dafür braucht es langfristige Veränderungsprozesse, die angeleitet werden. Mit dem Programm „Gemeinsam für Qualität: Kinder beteiligen im Ganztag“ wollen wir einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.