Verpflegung und Ernährung im Ganztag Verpflegung als konzeptionelle Aufgabe

Jährlich gibt es für Kinder und Jugendliche an deutschen Schulen rund 600 Millionen Mittagsmahlzeiten. Essen und Trinken kann den ganzen Schultag verändern und spielt eine zentrale Rolle dabei, dass sich Kinder in Schule und Hort wohlfühlen. Gesundheitsförderliche Ernährung sollte Teil des Gesamtkonzeptes kindgerechter ganztägiger Bildung und Betreuung sein. Das macht es zu einem komplexen und vielschichtigen Thema.

Wenn Kinder im Grundschulalter ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote in Anspruch nehmen, gehört eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Verpflegung dazu. Als Alltagshandlung ist Essen und Trinken in der Schule in informelle Ernährungsbildung eingebettet. Diese ist lebensbegleitend und ermöglicht ein tägliches Erfahrungslernen und damit den Erwerb von Ernährungskompetenz. Die Voraussetzungen dafür, dass Verpflegung als integrativer Bestandteil der Betreuungs- und Bildungskultur begriffen wird, sind vielfältig und liegen in unterschiedlichen Verantwortlichkeiten. So schaffen Kommunen, Schul- und Hortträger die baulichen und finanziellen Voraussetzungen für die steigende Anzahl an Schülerinnen und Schüler in Ganztagsbetreuung. Weil mit jeder Mahlzeit Bildung eng verknüpft ist, findet die Organisation und Gestaltung der Mittagsmahlzeiten bestenfalls eine feste Verankerung und pädagogische Einbettung im Konzept einer jeden ganztägigen Bildungs- und Betreuungseinrichtung. Das partizipative Zusammenspiel verantwortlicher Akteurinnen und Akteure ist maßgeblich, um einen kindgerechten Ganztag zu gestalten. 

Auf Bundes- und Landesebene gibt es verschiedene Initiativen und Maßnahmen, die die verantwortlichen Akteure in der Planung und Umsetzung von Außerhausverpflegung in Schulen und Horten und Ernährungsbildung unterstützen. Neben vielen Gute-Praxis-Beispielen und Arbeitshilfen, die dem Personal an Schulen und Horten Inspiration und Unterstützung bieten, sind die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine zentrale Grundlage.

Die DGE ist die für Deutschland zuständige wissenschaftliche Fachgesellschaft im Bereich Ernährung. Sie erarbeitet auf Grundlage von Forschungsergebnissen Ernährungsempfehlungen. Die DGE unterstützt auch Essensanbietende, Schul- und Hortträger und Schulen dabei, mit Qualitätsstandards eine ausgewogene und gleichzeitig nachhaltige Verpflegung anzubieten. Dabei wird die DGE durch das BMEL gefördert.

In ihren Qualitätsstandards erläutert die DGE ganz praxisbezogen, was zur Verpflegung gehört. Entlang der Prozesskette, von der Planung bis zur Entsorgung von Lebensmitteln, stellt die DGE verschiedene Kriterien auf und benennt vier Dimensionen: Gesundheit, Soziales, Umwelt und Tierwohl. Um beispielweise Umwelt und Klima zu schützen, sollten Essensanbietende die Verpflegung möglichst ressourcenschonend gestalten. So sollten sie Lebensmittel auswählen, die regional, saisonal und ökologisch hergestellt werden. Auch können sie darauf achten, wie sie Speisen zubereiten, welche Küchentechnik sie verwenden und weniger Lebensmittel wegzuwerfen. Neben der gesunden, ausgewogenen und nachhaltigen Mahlzeit geht es in den Qualitätsstandards unter anderem auch darum, in welcher Atmosphäre Kinder und Jugendliche essen und trinken. Eine ansprechende Umgebung fördert soziale Bindungen und den Zusammenhalt.

Teil der Qualitätsoffensive für besseres Kita- und Schulessen des BMEL ist das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ). Zudem gibt es in allen 16 Bundesländern Vernetzungsstellen für die Kita- und Schulverpflegung. Die Vernetzungsstellen sind vor allem für die Akteurinnen und Akteure auf Landesebene wichtige Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner. Auf Bundesebene koordiniert das NQZ bereits bestehende Maßnahmen und Initiativen rund um gutes Schul- und Kitaessen, Qualitätsentwicklung, -sicherung und -kontrolle der Verpflegungsleistung haben dabei einen hohen Stellenwert.

Um gutes Essen für alle Menschen in diesem Land leichter zu machen, hat die Bundesregierung eine Ernährungsstrategie erarbeitet und Anfang 2024 beschlossen. Beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Ernährungswirtschaft, Umweltschutz sowie aus Ländern, Kommunen und Zivilgesellschaft. Mit der Ernährungsstrategie setzt sich die Bundesregierung insbesondere auch für vielseitiges Essen in Kitas und Schulen ein. Alle Kinder und Jugendlichen sollen unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern in der Schule qualitativ hochwertige und ausgewogene Mahlzeiten bekommen.

Kinder schneiden Obst und Gemüse
© Schoettke/BMFSFJ

Praxistipps  

Neben den genannten DGE-Qualitätsstandards gibt es auf verschiedenen Ebenen Akteurinnen und Akteure, die die verantwortlichen Personen in Schulen und Horten sowie Essensanbietende mit guten Praxis-Beispielen und Arbeitshilfen unterstützen:

 

  • Die Webseite vom NQZ bietet eine gut strukturierte Datenbank mit zahlreichen Arbeitshilfen. Neben Erklärfilmen finden sich dort Materialsammlungen, Checklisten, Flyer zum Aushang in den Schulen, Broschüren, Fotokarten für die Küche sowie Fragebögen für Schülerinnen und Schüler zu ihren Wünschen und Bedürfnissen hinsichtlich der Schulverpflegung.
  • Das Qualitätsmanagement-Tool „Unser Schulessen“ ermöglicht eine detaillierte und umfassende Analyse der eigenen Schulverpflegung sowie eine Planung, Umsetzung und Kontrolle von Veränderungen entlang von neun Qualitätsfeldern. Denn eine gelungene Schulverpflegung ist mehr als das Essen auf dem Teller. Und damit eine Aufgabe, an der eine Vielzahl von Akteurinnen und Akteuren beteiligt ist. Hierbei unterstützt das digitale Qualitätsmanagement-Tool (QM-Tool), das Einrichtungen die Möglichkeit gibt, aktiv das Verpflegungsangebot gesundheitsförderlich und nachhaltig mitzugestalten und dabei die Wünsche der Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen. Die Grundlage dafür sind praxisnahe Kriterien abgeleitet aus dem DGE-Qualitätsstandard für die Schulverpflegung. Die Plattform wird durch das BMEL gefördert.
  • Schule + Essen = Note 1 ist Teil des Projekts „IN FORM in der Gemeinschaftsverpflegung – für Kinder und Jugendliche“. Das Projekt wird vom BMEL gefördert und von der DGE durchgeführt. Die Webseite richtet sich an verschiedene Zielgruppen: sowohl für Personal an Schulen und Horten als auch für Essensanbietende stellt die Plattform Informationen gebündelt bereit.
  • Die Vernetzungsstellen Schulverpflegung geben unabhängig und verlässlich fachliche Hilfestellungen in allen Aspekten der Schulverpflegung. Als Ansprechpartner für die Akteurinnen und Akteure vor Ort helfen die Vernetzungsstellen Schulverpflegung bei Planung, Aufbau und Optimierung einer qualitativ hochwertigen und attraktiven Gemeinschaftsverpflegung. Eine Übersicht aller Vernetzungsstellen und Webseiten bietet das NQZ.
  • Das Land Hamburg hat 2011 flächendeckend ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter eingeführt. Seitdem wurden auch kontinuierlich die Konzepte für die Gemeinschaftsverpflegung weiterentwickelt. Die Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung empfiehlt inzwischen das Free-Flow-System und stellt Informationen und Praxisbeispiele zur Verfügung.
  • Die Dokumentation des Online-Fachtags „Küchen und Mensen für einen kindgerechten Ganztag“ bietet ebenfalls viele interessante Informationen dazu, welche Aspekte in der Planung von Ernährungskonzepten, im (Um-)Bau von Räumen und der Gestaltung des Alltags zu bedenken sind. Der Online-Fachtag fand am 10. Oktober 2024 statt und wurde gemeinsam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie dem Nationalen Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) organisiert.